Manchmal sind die Unsicherheiten der Nachfolgenden zu groß, als dass sie mit Freude und aus voller Kraft die Nachfolge antreten könnten. Dann arbeite ich im Coaching mit dem neuroaffektiven Beziehungsmodell (NARM*) zur Selbstfindung.
Ein Beispiel
Lukas ist 35 Jahre alt und der älteste Sohn einer erfolgreichen Unternehmerfamilie, die in der 4. Generation ein mittelständisches Familienunternehmen führt. Von klein auf wurde Lukas darauf vorbereitet, eines Tages die Führung der Firma zu übernehmen. Sein Vater, ein charismatischer und sehr anspruchsvoller Mann, war stets darauf bedacht, Lukas auf seine zukünftige Rolle vorzubereiten. Während seiner Kindheit erlebte der Unternehmersohn daher großen Druck, die hohen Erwartungen seines Vaters zu erfüllen und entwickelte das Gefühl, nur durch Leistung und Erfolg Anerkennung zu erhalten.
Lukas’ Herausforderungen
Obwohl Lukas bestens ausgebildet ist und inzwischen eine leitende Position im Unternehmen innehat, leidet er unter starkem Stress, Selbstzweifeln und dem Gefühl, nie genug zu sein. Er fühlt sich oft emotional getrennt von seiner Familie und hat Schwierigkeiten, tiefe Beziehungen aufzubauen. Seine Arbeitstage sind von der Befürchtung geprägt, den Erwartungen seines Vaters nicht gerecht zu werden, und er hat das Gefühl, seine eigene Identität zugunsten der Unternehmensanforderungen verloren zu haben.
Coachingschritte zur Selbstfindung
Ich begleite Lukas dabei, die emotionalen Wunden aus seiner Kindheit Schritt für Schritt zu erkennen, mit ihnen umzugehen und sein Selbstwertgefühl wiederherzustellen.
- Gefühle der Verbundenheit und Trennung erkennen
Im ersten Schritt erkundet Lukas die Gefühle der Trennung, die er in seiner Kindheit erlebte. Er erkennt, dass sein Bedürfnis nach Verbundenheit mit seinem Vater durch den ständigen Leistungsdruck oft unerfüllt blieb. Durch das Bewusstmachen dieser tiefen, unverarbeiteten Gefühle beginnt Lukas, die Wurzeln seiner heutigen Herausforderungen zu verstehen.
- Emotionen regulieren lernen
Lukas lernt, seine Emotionen besser zu regulieren. Denn er versteht, dass seine Angst und Selbstzweifel Reaktionen auf die unerfüllten emotionalen Bedürfnisse seiner Kindheit sind. Durch Achtsamkeitsübungen und das bewusste Wahrnehmen seiner Körperempfindungen kann Lukas beginnen, diese Emotionen zu akzeptieren und zu beruhigen, anstatt sie zu verdrängen oder ihnen nachzugeben.
- Eigene Identität entwickeln
Ein zentraler Punkt im Coaching ist die Auseinandersetzung mit seinem Selbstbild. Er erkennt, dass sein bisheriges Selbstverständnis stark von den Erwartungen seines Vaters und des Unternehmens geprägt ist. Nun beginnt er, seine eigene Identität unabhängig von diesen äußeren Erwartungen zu definieren. Er entdeckt, welche Werte und Ziele ihm wirklich wichtig sind, und entwickelt ein stärkeres Selbstwertgefühl.
- Selbstmitgefühl und Selbstverantwortung leben
Und er lernt, Selbstmitgefühl zu entwickeln. Er erkennt, dass die ständige Selbstkritik und der Druck, perfekt zu sein, ihm schaden. Statt sich selbst für vergangene „Fehler“ oder „Unzulänglichkeiten“ zu verurteilen, lernt er, sich selbst mitfühlend zu begegnen und Verantwortung für sein eigenes Wohlbefinden zu übernehmen.
- Integration von Kopf, Herz und Körper
Im Verlauf der Coachings integriert Lukas die Erkenntnisse in sein tägliches Leben. Er erkennt die Bedeutung von Selbstfürsorge und beginnt, bewusste Entscheidungen zu treffen, die seinem emotionalen, kognitiven und körperlichen Wohlbefinden dienen. Dies führt zu einer verbesserten Balance zwischen seiner Arbeit im Unternehmen und seinem Privatleben.
Lukas erfährt Veränderungen
Nach mehreren Coachingsessions erlebt Lukas eine deutliche Veränderung. Er fühlt sich weniger von den Erwartungen seines Vaters und des Unternehmens belastet und hat ein stärkeres Gefühl für seine eigene Identität entwickelt. Die Beziehung zu seinem Vater hat sich verbessert, da er nun in der Lage ist, klarer und offener zu kommunizieren. Auch seine Führung im Unternehmen hat sich verändert: Er agiert selbstbewusster, authentischer und ist besser in der Lage, Stress zu bewältigen.
Die Perspektive auf seine eigene Rolle in der Unternehmerfamilie und im Unternehmen hat sich verändert: Er fühlt sich gestärkt, die Herausforderungen der Zukunft anzugehen, mit einem tieferen Verständnis für sich selbst und einer gesünderen Beziehung zu seinen Angehörigen.
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*NARM steht für Neuro Affective Relational Model. Es handelt sich um eine Methode, die entwickelt wurde, um u.a. die langfristigen Auswirkungen von Kindheitsbelastungen zu bearbeiten. Die Methode wurde von Dr. Laurence Heller entwickelt und integriert Konzepte der traditionellen Bindungstheorie, Psychodynamik, somatischer Psychotherapie und Neurowissenschaft. Der Ansatz fokussiert sich weniger auf die Verarbeitung der Kindheitsbelastungen, sondern mehr auf die gegenwärtigen Muster und Zustände, die im Erwachsenenalter aus den Belastungen resultieren. Mit dem Buch „Die Befreiung von Scham und Schuld – Alte Überlebensstrategien auflösen und Lebenskraft gewinnen“ machen Laurence Heller und Angelika Doerne diese Methode in nichttherapeutischen Zusammenhängen für Coaching und die individuelle Arbeit mit sich selbst bekannt.
Foto: Martina van Kann