Eine Strategie für Alle!

Herbert (60 Jahre) ist Inhaber und Geschäftsführer der LaMaVerwaltungs GmbH in Bayern. Seit der Gründung des Unternehmens 1960 hat er die kleine Reparaturwerkstatt für Landmaschinen zu einem Firmenkonsortium mit fünf Betrieben ausgebaut. Das größte dieser Unternehmen ist die europaweit agierende LaMaVertriebs GmbH & Co. KG mit 30 Angestellten, die ebenfalls unter seiner Leitung steht.

Sein Cousin Klaus (52) hat ihn seit den siebziger Jahren darin unterstützt, die LaMa Reparaturwerkstatt zu professionalisieren. Dessen Sohn Alex (30) ist Mechaniker und Schlosser und einer der wichtigsten Mitarbeiter dieses Betriebsteils.

Seit fünf Jahren führt Herberts Tochter Sabrina (30) die kleine Tochterfirma LaMa-Reifenhandel GmbH & Co. KG, seit drei Jahren ist sie auch mit 50% deren Gesellschafterin. Ihr Mann Michael (33) ist seit der Hochzeit neben Herbert der zweite Geschäftsführer der LaMaVertriebs GmbH. Die Zusammenarbeit zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn ist darauf ausgelegt, dass Michael die alleinige Leitung des Firmenkonsortiums übernehmen soll.

Herberts Bruder Ernst (53) ist seit fünf Jahren Teilhaber und Geschäftsführer der LaMaVertriebWorld GmbH & Co. Er ist selten vor Ort, nimmt aber regelmäßig an allen offiziellen Treffen teil.

Herberts Frau Monika ist seit über 20 Jahren die rechte Hand ihres Mannes, sie führt die Bücher und leitet die kaufmännischen Abteilungen aller Firmen.

Einmal im Jahr beruft Herbert ein Familientreffen ein, zu dem alle Familienmitglieder eingeladen sind, die als Mitarbeiter und oder Gesellschafter mit der LaMa zu tun haben. So auch in diesem Herbst. Er hatte eine große Anzahl an Themen zusammengestellt, die es zu besprechen gilt. Er präsentiert die einzelnen Themenfelder und Problempunkte und bittet dann alle Anwesenden, sich in zwei Arbeitsgruppen zusammen zu finden, um die Themen auszuarbeiten. Am Ende der Veranstaltung ist er sehr zufrieden: es hat für alle Themen eine Lösung gegeben und er bedankt sich bei seiner Familie.

Die meisten von ihnen gehen jedoch mürrisch und unzufrieden nach Haus. Alex raunzt auf dem Heimweg seinen Vater an, warum er die längst überfällige Anteilsübertragung denn nicht angesprochen hat. Und so geht es auch Michael, der von seiner Frau erwartet hat, den Übergabezeitpunkt zu thematisieren. Monika beschäftigt schon seit langer Zeit, wie sie ihren Mann zum Aufhören bewegen kann, hat jedoch auch diesmal wieder nicht darüber gesprochen.

Worum geht`s? Die Familienmitglieder haben diese und andere Sitzungen schon oft erlebt. Sie schieben ihre Unzufriedenheit auf die sachliche und rationale Vorgehensweise des Seniors und haben gleichzeitig Respekt vor seiner geradlinigen und strukturieren Vorgehensweise. Keiner der Anwesenden würde sich jemals trauen, diese Art in Frage zu stellen und eigene Vorschläge oder gar Einwände dagegen zu bringen.

… wirklich? Alle Beteiligten erleben jedes Mal eine Art Verwandlung, wenn sie gemeinsam am großen Besprechungstisch in der Hauptverwaltung sitzen: Aus Familienmitgliedern werden plötzlich Angestellte, die die Autorität des Chefs erleben und sich dieser beugen. Dabei sind alle Beteiligten Familienmitglieder! Diese wesentliche Rolle ihres Beisammenseins streifen sie bei jedem Treffen an der Eingangstür ab mit der Folge, dass sie sich in ihrer Haut niemals richtig wohl fühlen.

Wie geht`s weiter? Sabrina traut sich nach der Veranstaltung, ihren Vater zur Seite zu nehmen. Sie berichtet über die Unzufriedenheit der Familie und schildert und erklärt ihren Eindruck, dass alle an der Eingangstür ihre Persönlichkeit abstreifen. Zunächst ist Herbert enttäuscht, sieht aber bald die Chance in diesem Feedback. Je länger er darüber nachdenkt, desto interessierter ist er zu erfahren, welche Bedürfnisse, Erwartungen und auch Ansprüche die Familie hat. Zur nächsten Sitzung nimmt er sich vor, seine Familienmitglieder als Familie anzusprechen und sie schon vorher direkt nach den Themen für das Treffen zu befragen.

Tipp: Machen Sie Betroffene zu Beteiligten! Öffnen Sie sich für die Themen ihrer Familienmitglieder. Seien Sie interessiert an ihren Erwartungen und Ansprüchen. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf den gemeinsamen Prozess, Lösungen miteinander zu erarbeiten – so werden sie langfristig eine Unternehmens- und Familienstrategie entwickeln, die sie mit allen Beteiligten teilen!

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